Hier beginnt sie – eine Liebesgeschichte in mehreren Akten! Ich erinnere mich daran als sei es gestern gewesen. Knapp eine Woche nach meinem etwas ernüchternden ersten Besuch beim Kurgestütler auf der Fohlenkoppel fuhr ich natürlich völlig ohne Erwartung ein zweites Mal hin. In meinem Kopf wirbelten die Gedanken umher. Wie sollte das denn jemals was werden? Hast du dich nicht völlig übernommen mit einem Jungpferd? Oder vielleicht generell mit einem eigenen Pferd allgemein? Immer wenn es in mir drin schwierig wurde, zeigte mir Obi – und das tut er übrigens heute auch noch! – dass es sich lohnt, weiter zu machen. Er schenkte mir einen Augenblick.
Wie durch ein Wunder schien die erste Scheu verflogen. Nicht ich näherte mich ihm – sondern er näherte sich mir. Er schaute mich mit seinen großen Augen an. Sie strahlten für mich so viel Wärme aus. Schließlich nahm er mit mir Kontakt auf und der Abstand zwischen uns wurde immer geringer. Vom anfänglichen Schnuppern wurde ich offenbar für gut befunden und er näherte sich mir immer mehr. Ich war in diesem Moment so glücklich wie ein Käsekönig!
Was auch immer gesagt wird. Mit einem jungen Pferd kann man wirklich so viel erreichen. Vor allem, wenn man weiß, dass er in seinem Leben noch nichts Schlechtes erfahren hat. Natürlich wurde mit den Jungpferden noch nichts gemacht. Natürlich war keiner geimpft oder entwurmt oder halfterführig. Und meiner war eigentlich auch nicht zutraulich. Und natürlich ist das alles ein Risiko. Aber ich erreichte bei ihm von Anfang an mit Geduld und Ruhe und durch das Wecken seiner Neugier so viel mehr als mit Zwang jemals zu erreichen gewesen wäre. Und zwar nachhaltig. Sicherlich kann man ein Pferd mit Zwang dazu bringen, das von ihm Verlangte auszuführen. Aber vielleicht zieht man sich so ein unsicheres Pferd heran. Dadurch wird das Verlangte aufgrund des erlebten Zwanges jedes Mal erneut zum Problem.
So erzog vielleicht nicht ich den Kursgetültler, sondern er mich. Er bewegt mich bis heute ständig zum Umdenken. Und dafür bin ich dankbar.